Kinder in Afrika

Auf meinen Reisen durch Afrika begegnete ich immer wieder Kindern und Jugendlichen. Oft mussten sie arbeiten. Ich sah in abgelegenen Dörfern kleine Mädchen und Jungen schwere Wassereimer schleppen, da es in nächster Nähe keine Brunnen oder Wasserversorgung gab, wie wir es hierzulande selbstverständlich gewohnt sind. Auf den Märkten und Busbahnhöfen beobachtete ich Jugendliche, die schon am frühen Morgen Schnürsenkel, Batterien, Zahnbürsten und dergleichen mehr verkauften oder Kinder, die als Schuhputzer Geld verdienen mussten. Nicht selten müssen die Kinder für den Lebensunterhalt der ganzen Familie sorgen...

Zugleich sah ich auch immer wieder Kinder, die sich herrlich vergnügten. In ländlichen Gegenden bastelten sie sich eigenes Spielzeug und fuhren ihre fantasievollen Spielzeugautos über Stock und Stein. Einige bauten sogar eigene Gitarren oder ein eigenes Schlagzeug-Equipment, mit denen sie die großen Musikidole ihrer Region nachahmten. Von einer jungen Musikgruppe am Viktoriasee erfuhr ich Jahre später, dass sie als „Jazzband“ in der Zwischenzeit große Erfolge in Kisumu erzielte.

Kindheit in Afrika hat zwei Seiten. Es gibt das Behütetsein und die große Zuwendung durch die Familie in der frühen Kindheit. Aber krasse Armut zwingt viele Familien schon früh, Kinder zur Arbeit anzuhalten. Wer nicht das Glück hat, etwas besser situierte Eltern zu haben und in einer Schule die notwendige Bildung zu bekommen, dessen Gegenwart wird zum dauernden Überlebenskampf und dessen Zukunftschancen verringern sich eklatant. Entwicklungen, wie das hohe Bevölkerungswachstum - das Durchschnittsalter in Afrika liegt bei 17,5 Jahren ¹ -, soziale, wirtschaftliche und politische Probleme, Aids, die rapide Verstädterung und Technologisierung usw. legen sich mitunter wie ein Alb auf Kinder und Jugendliche.

Gleichwohl ist „die Jugend Afrikas“, wie Sofolo Randrianja in seinem Artikel für das Afrika-Lexikon schreibt, „ein Trumpf des Kontinents, nicht passiv. In den afrikanischen Städten schmiedet die Jugend das Afrika von morgen, selbst wenn sie im Augenblick noch mehrheitlich in ländlichen Regionen zu Hause ist… Die am weitesten urbanisierten Länder bringen die findigsten jungen Menschen hervor. Diesen Teil der Gesellschaft für seine Entwicklung zu mobilisieren, ist die größte Herausforderung Afrikas für das neue Jahrtausend.“ ²

 

¹ Sofolo Randrianja, Jugend, in: Das Afrika-Lexikon. Ein Kontinent in 1000 Stichwörtern, Hg. Jacob E. Mabe, Stuttgart 2001, S. 274
² ebenda